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PD Dr. rer. med. habil. Dr. phil.
Severin Haug
Preisträger des Wilhelm-Feuerlein-Forschungspreises 2018 im Bereich der
Anwendungs- und klinischen Forschung (inklusive Versorgungsforschung).
Problematischer Alkoholkonsum, insbesondere das sogenannte Rauschtrinken, d.h. der Konsum grösserer Mengen innerhalb von kurzer Zeit, ist unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen weit verbreitet. Das mobiltelefonbasierte Programm MobileCoach Alkohol motiviert Jugendliche für einen Zeitraum von drei Monaten mittels individualisierter SMS-Nachrichten zu einem sensiblen Umgang mit Alkohol.
Ausgangspunkt für die Entwicklung des Programms waren Studien aus den USA, die zeigten, dass ausführliche computergestützt-generierte Feedbacks zum eigenen Alkoholkonsum den problematischen Alkoholkonsum bei Studierenden reduzieren konnten. Allerdings schien dieser Ansatz nicht unmittelbar auf Schülerinnen und Schüler an Berufs-und Mittelschulen mit möglicherweise geringerer Motivation und Fähigkeit, längere Texte durchzulesen, anwendbar. Auch auf Grundlage positiver Erfahrungen mit SMS-basierten Programmen im Bereich der Tabakprävention bei Schülerinnen und Schülern an Schweizer Berufsschulen erschien eine längerfristige Unterstützung via kurzer individualisierter SMS-Nachrichten aussichtsreicher.
Der MobileCoach Alkohol wurde für Schülerinnen und Schüler an Berufs- und Mittelschulen entwickelt. Der persönliche Kontakt und das Setting spielen bei der Bewerbung des Programms eine zentrale Rolle. Am einfachsten gelingt der Zugang in Schulklassen durch geschulte Fachpersonen.
Teilnehmende erhalten nach einer Onlinebefragung im Klassenzimmer ein individuelles Feedback bezüglich ihrer Trinkgewohnheiten im Vergleich zu einer alters- und geschlechtsspezifischen Referenzgruppe. Anschliessend werden sie über einen Zeitraum von drei Monaten mittels individualisierter SMS-Nachrichten – unter anderem zu Zeiten und in Situationen, in denen üblicherweise Alkohol getrunken wird – über das Thema Alkohol und Gesundheit informiert und zu einem sensibleren Umgang mit Alkohol motiviert.
Die Auswertungen der Wirksamkeitsstudie ergaben eine hohe Akzeptanz. Von insgesamt 1371 Lernenden nahmen 1046 (77 Prozent) am Programm und an der damit zusammenhängenden Studie teil. Von den 547 Teilnehmenden der Interventionsgruppe blieben 542 (99 Prozent) bis zum Ende des dreimonatigen Programms dabei. In dieser Gruppe hat sich der Anteil der Rauschtrinker innerhalb von sechs Monaten von 47 auf 41 Prozent reduziert. Bei der Kontrollgruppe ohne SMS ist der Prozentsatz gleichzeitig leicht gestiegen. Besonders stark war der Rückgang bei jenen, die zuvor mindestens zweimal im Monat massiv zu viel getrunken hatten.
Unter anderem basierend auf den Ergebnissen dieser Studie wurde das Programm technisch und inhaltlich optimiert. Es wird auch nach Abschluss der Studie weiterhin durch Fachstellen für Suchtprävention in der deutschsprachigen Schweiz durchgeführt.
Für das kommende Jahr 2019 ist die Überführung des bislang primär SMS-basierten Programms in eine native App geplant, die mittels individualisierter Dialoge mit einem Chatbot Jugendliche zu einem sensiblen Konsum von Alkohol motivieren soll.
PD Dr. Severin Haug
Forschungsleiter am
Schweizer Institut für Sucht- und Gesundheitsforschung
severin.haug@isgf.uzh.ch
Literatur
Haug, S., Paz Castro, R., Kowatsch, T., Filler, A., Dey, M., Schaub, M.P. (2017). Efficacy of a web- and text messaging-based intervention to reduce problem drinking in adolescents: results of a cluster-randomized controlled trial. Journal of Consulting and Clinical Psychology, 85(2), 147-159.
Paz Castro, R., Haug, S., Kowatsch, T., Filler, A., Schaub, M.P. (2017). Moderators of outcome in a technology-based intervention to prevent and reduce problem drinking among adolescents. Addictive Behaviors, 72, 64-71.
Haug, S., Paz Castro, R., Schaub, M.P. (2015). Erreichbarkeit Jugendlicher für ein Internet- und SMS-Programm zum Thema Alkohol. Sucht – Zeitschrift für Wissenschaft und Praxis, 61(6), 357-365.
Haug, S., Kowatsch, T., Filler, A., Paz Castro, R., Schaub, M.P. (2014). Efficacy of a web- and text messaging- based intervention to reduce problem drinking in young people: study protocol of a cluster-randomised controlled trial. BMC Public Health 14: 809.
Haug, S., Schaub, M.P., Venzin, V., Meyer, C., John, U., Gmel, G. (2013). A pre-post study on the appropriateness and effectiveness of a web- and text messaging-based intervention to reduce problem drinking in emerging adults. Journal of Medical Internet Research, 15(9), e196.