Diese Webseite verwendet Cookies. Durch die Einstellung in Ihrem Browser können Sie der Annahme zustimmen oder diese ablehnen. Weitere Informationen erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.


Behandlung cannabisbezogener Störungen


Dr. rer. nat. Eva Hoch

Preisträgerin des Wilhelm-Feuerlein-Forschungspreises 2016 im Bereich der Anwendungs- und klinischen Forschung (inklusive Versorgungsforschung)

Cannabis ist die am häufigsten konsumierte illegale Droge weltweit. Seit ihrer Legalisierung in Uruguay und anderen amerikanischen Staaten zum Gebrauch in Medizin und/oder Freizeit, hat sich die Diskussion um die gesellschaftliche Bewertung der Substanz verschärft. Intensiver Cannabisgebrauch kann mit Cannabisabhängigkeit (DSM-5; ICD-10), spezifischen Entzugssymptomen, kognitiven Einbußen, Psychosen und affektiven Störungen sowie körperlichen Schädigungen einhergehen. Menschen mit cannabisbezogenen Störungen bilden in der Europäischen Union mittlerweile die größte Gruppe der erstmals wegen illegalen Drogen Behandelten. Für diese Patientengruppe existiert bis heute ein Mangel an spezifischen Therapieangeboten mit nachgewiesener Effektivität.

In einer ersten Studie wurde im Rahmen einer randomisiert-kontrollierten Studie das modulare Behandlungsprogramm „CANDIS“ für mit cannabisbezogenen Störungen entwickelt und evaluiert (Förderung: Bundesministerium für Bildung und Forschung). Es basiert auf den Modulen der Motivationsförderung, der kognitiv-behavioralen Therapie und einem Problemlösetraining und umfasst 10 Sitzungen Einzeltherapie. Die überwiegend männlichen Teilnehmer der an der TU Dresden durchgeführten Therapiestudie waren langjährige, intensive Cannabiskonsumenten aus allen Bevölkerungsschichten. Nahezu die Hälfte der Stichprobe hatte Konsumerfahrung mit anderen illegalen Drogen und komorbide psychischen Störungen. Die Therapieteilnehmer konnten insgesamt sehr gut von der Behandlung profitieren. Hohe Abstinenzraten, signifikante Cannabisreduktion und Verbesserungen im Bereich der psychosozialen Probleme belegten die positiven Effekte der Behandlung gegenüber einer Wartekontrollgruppe.

Aufgrund dieser positiven Ergebnisse wurde das CANDIS-Programm in einer zweiten Studie (Förderung: Bundesministerium für Gesundheit) in Einrichtungen der ambulanten deutschen Suchthilfe transferiert. Die Teilnehmer der bundesweiten multizentrischen, randomisiert-kontrollierten Studie waren größtenteils langjähre, abhängige Cannabiskonsumenten mit häufigen Aufhörversuchen. Auch in dieser Studie konnten die Studienteilnehmer gut von der Behandlung profitieren. Erneut war jeder zweite Behandelte zu Therapieende abstinent. Weitere positive Ergebnisse zeigten sich beispielsweise in einer Reduktion der Anzahl und Schwere cannabisbedingter Probleme. Das Programm fand eine hohe Akzeptanz bei den Behandelten und Behandlern.

In einer dritten Studie wurde deshalb in einem Systematischem Review mit Meta-Analyse (Förderung: Europäische Drogenbeobachtungsstelle) die Effektivität von digitalen Cannabisinterventionen untersucht, wenn diese bei Menschen außerhalb des Gesundheitssystems angewendet werden. Die Studie belegt geringe, aber signifikante Effekte von webbasierten Kurzinterventionen (Kombinationen aus Motivationsförderung und kognitiv-behavioraler Therapie) in der Reduktion des Cannabiskonsums.

Das CANDIS-Programm wird mittlerweile in Deutschland, Polen, Österreich, der Schweiz und Luxemburg angewendet. Ab 2017 wird das Behandlungsmanual in einer Kooperation mit HazeldenBettyFord für Therapeuten in angloamerikanischen Sprachraum erhältlich sein.

Dr. rer. nat. Eva Hoch
Leiterin der Arbeitsgruppe „Interventionelle Suchtforschung“
Eva.Hoch@med.uni-muenchen.de

 

Literatur

Hoch, E., Bonnet, U., Thomasius, R., Ganzer, F., Havemann-Reinecke, U. & Preuss, U.W. (2015). Risks associated with the non-medicinal use of cannabis. Deutsches Ärzteblatt International, 112, 271–8.

Hoch, E., Bühringer, G.; Henker, J., Rohrbacher, H., Noack, R., Dittmer, K., Pixa, A., Rühlmann, A. & Wittchen, H.-U. (2011). Untersuchungskonzept für die CANDIS1-Studie zur Behandlung von cannabisbezogenen Störungen: Ein Beispiel translationaler Forschung. Sucht, 57 (3), 183-192.

Hoch, E., Noack, R., Henker, J., Pixa, A., Höfler, M., Behrendt, S., Bühringer, G. & Wittchen, H.-U. (2012). Efficacy of a targeted cognitive–behavioral treatment program for cannabis use disorders (CANDIS*). European Neuropsychopharmacology, 22, 267–280.

Hoch, E., Bühringer, G., Pixa, A., Dittmer, K., Henker, J., Seifert, A. & Wittchen, H.-U. (2014) CANDIS treatment program for cannabis use disorders: Findings from a randomized multi-site translational trial. Drug and Alcohol Dependence, 134, 185-193.

Hoch, E., Ferri, M., Simon, R. & Preuss, U.W. (2016). Digital Interventions for Problematic Cannabis Users in Non-Clinical Settings: Findings from a Systematic Review and Meta-Analysis. European Addiction Research, 22,233–242.